Da lebten einst zwei Schwestern, geboren als Zwillinge, die hatten sehr deformierte Gesichtszüge. Es sah so schlimm aus, dass ihrer Mutter von den anderen Stammesmitgliedern gesagt wurde, sie möge die Mädchen aus dem Stamm entfernen, damit man die hässlichen Gesichter nicht mehr zu sehen bräuchte.
Je größer die Mädchen wurden umso mehr quälte und strafte der Stamm sie. Sie mussten die schwierigsten und unangenehmsten Hausarbeiten verrichten, die ihnen von den anderen Frauen zugeteilt wurden.
Niemals wurde ihnen erlaubt, sich im Kreis der Frauen an fröhlichen Gesprächen oder Liedern zu beteiligen. Sie mussten sogar ihre Mahlzeiten stets mit dem Rücken zu den anderen Stammesmitgliedern einnehmen. Und die Kinder hatten alle Angst vor ihnen.
So konnten sie nur mit ihrer Mutter reden, die sie sehr liebte. Denn sie sah sehr wohl ihre innere Schönheit und Lauterkeit. Aber auch die Mutter hatte dem Stamm zu gehorchen. In Trauer über diese für eine Mutter so schwere Situation starb sie. Nun waren die Mädchen ganz allein.
Der Stamm gab ihnen weiter die Reste der anderen zu essen. Das taten die Mitglieder aber nicht aus Mitgefühl. Die Mädchen hatten von ihrer Mutter gelernt, wie man den besten Nektar herstellen konnte. Die Mutter hatte ihnen gezeigt, welche Blumen man pflücken muß. Blumen, die eben den besten Nektar lieferten. So waren sie sehr erfahren in der Herstellung. Noch nie zuvor hatte man im Stamm so süßen wohlschmeckenden Nektar getrunken, wie der von den beiden Schwestern.
Doch ihr Schmerz über den Verlust der geliebten Mutter war unermesslich. Und sehr oft riefen sie hilfesuchend nach ihrer Mutter, nach deren weichen und liebevollen Blick.
Der Great Spirit Father spürte ihre Trauer und beobachtete sie mit Güte. Er beschloss, ihnen zu helfen. Und er verwandelte sie in zwei wunderschöne Schmetterlinge.
Als der Stamm die neuen bunten Schmetterlinge sah waren alle entzückt über so viel Schönheit. Sie versuchten ihnen zu folgen, damit sie die Schmetterlinge länger und näher bestaunen könnten.
Aber das wollten die Schwestern nach all der ihnen angetanen Schmach nicht erlauben. Deshalb flogen sie davon.
Die Stammesmitglieder hatten sie nicht angeschaut, wo sie deformierte Gesichter hatten. Also verdienten sie es auch nicht, sie jetzt in ihrer Schönheit zu betrachten.
Und noch heute wird jeder Schmetterling, den man betrachten möchte, wegfliegen. Doch ab und zu lassen sie schon einen kurzen Blick für einen Moment zu, um ihre Schönheit mit den Augen zu genießen.
Foto: National Geograpic
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