Ngurunderi und der letzte große Baum Big Red River Gum - Ngurunderi und der letzte große Baum

Ngurunderi und der letzte große Baum

Eine dramatische Reminiszenz von Marvyn McKenzie Senior

Im Oktober 2007 schrieb M. McKenzie folgende aufrüttelnde Geschichte über das Schicksal des Australiens der Traumzeit, darüber wie die Vorschau in die Zukunft sein könnte, dass ich mir kein besseres Ende meines Buches vorstellen kann:

Wenn nur noch doch letzte große Baum übrig geblieben ist, dann wird All Vater Ngurunderi, den wir bei der Erschaffung des Murray River schon kennen gelernt haben, sein Kanu nehmen und von der Milchstrasse zurück kommen, um sich einen Überblick zu verschaffen, von dem, was die Fremden, die einst an die Ufer Landes kamen, zerstört haben.

Er wird seinen und Pondis (Dorsch) so geliebten mächtigen Fluss wieder sehen, das Coorong und die Seen und auch den letzten großen Baum. Und traurig wird er dann fragen „Was ist hier geschehen? Wer hat diese großen verheerenden und falschen Dinge veranlasst? Wo sind mein Volk, mein Wasser, meine Bäume, die Pflanzen, meine Vögel, die Tiere und meine Fischen? Und wo ist mein Freund Pondi?

Und der letzte große Baum wird ihm antworten „Oh Ngurunderi. Alles was du suchst, es ist schon lange tot. Ich, nur ich bin als Letzter deiner Schöpfungen noch übrig geblieben. Doch auch ich werde wohl bald sterben. Es sind andere Menschen aus einem fernen Land hierher gekommen, mit der Absicht, für immer hier zu bleiben. Aber aus Dummheit zerstörten sie alles, was du und Pondi einst geschaffen haben. Dein Volk versuchte vergeblich, diese Menschen zu warnen. Immer wieder haben sie die Neuankömmlinge darauf hingewiesen, was falsch an ihrem Tun ist. Aber die Fremden wollten nicht hören.”

„Und warum haben diese Fremden nicht auf mein Volk gehört” fragte Ngurunderi verärgert. Resignierend antwortete ihm der letzte große Baum „Ihre Ohren waren taub und ihre Augen waren blind. Das kam daher, weil eine unendliche Gier und ein scheinbar unstillbarer Hunger nach Geld und Reichtum ihr Denken beherrschte.“
„Anstatt zu versuchen, das zu verstehen, was du und Pondi geschaffen habt, statt sich um die Erkenntnis des physischen und spirituellen Zusammenhanges zwischen den Dingen, die dein Volk doch so sehr weiter gepflegt hatte, zu kümmern, begannen sie einfach, alles zu zerstören.“

Traurig fuhr der Baum fort. „Anstatt die Tieren, die Pflanzen, die Vögel und die Fische, die du deinem Volk zum Essen gegeben hast, ebenfalls zu nutzen brachten sich diese Fremden ihre eigenen fremdartigen Nahrungsquellen mit, die bald ebenfalls alles zerstörten, was du geschaffen hattest. Die Wurzeln der fremden Pflanzen tranken viel zu viel Wasser. Dadurch lagerte sich bald überall Salz ab. Doch ihr Durst auf das Wasser schien unlöschbar. Und so starben bald alle Pflanzen und Bäume, die du geschaffen hattest. Auch meine Brüder und Schwestern. Ich bin ebenfalls schon schwer krank.“

Erschrocken und ungläubig schaute Ngurunderi den letzten großen Baum an. Doch dieser fuhr fort in seiner Anklage gegen die Fremdlinge.

„Die Exkremente ihrer Tiere flossen in unser Wasser, verschmutzen und schädigten die Umwelt. Dann zerstampften die Tiere, die sie mitgebracht haben, deine Erde, die du einst geschaffen hast. Und auch deren Durst auf Wasser war unstillbar. Die Industrie der Fremden tat in der Verschmutzung der Umwelt ihr übriges. Und auch sie brauchte Wasser, Wasser, Wasser.“

„Was ist aus Pondi geworden?“ fragte Ngurunderi
Bedauernd antwortete der letzte große Baum „Pondi starb, weil kaum noch Wasser da war. Und das vorhandene Wasser war verschmutz und unbewohnbar. Mit Pondi starb auch dein Volk. Und nun werde auch ich bald sterben. Lebe wohl Ngurunderi. Erinnere dich ab und zu an mich und an all die andern Dinge, die du und Pondi einst auf diese Welt gebracht hattet.“

Mit einem letzten Atemzug starb dann auch der letzte große Baum.

Tief neigte Ngurunderi sein Haupt und er weinte. Trauerte um sein Wasser, seine Pflanzen, seine Tiere, seine Vögel und um sein Volk und sein Land. Er weinte um Pondi. Aber vor allem beklagte er den Tod des letzten großen Baumes, der verwelkt und ausgedörrt vor seinen Augen starb.

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