Entstehung der Sonne

Entstehung der Sonne in den Legenden der Traumzeit Tanzender Brogla - Entstehung der Sonne in den Legenden der Traumzeit

Wie die Sonne entstanden ist

In der frühesten Zeit gab es am Himmel lediglich den Mond und die Sterne. Auf der Erde lebten nur Vögel und einige andere Tiere. Von denn waren damals viele bedeutend größer als sie es heute sind. Menschen? Nein! Menschen gab es zu diesen Zeiten noch nicht auf der Erde.

Der Emu Dinewan und seine Gefährtin Brogla hatten in der Nähe von Murrumbidgee einen heftigen Streit miteinander, der sogar in einen Kampf ausartete. Und rasend vor lauter Wut schleuderte Brogla mit aller Kraft ein riesiges Ei aus Dinewans Nest in Richtung Himmel. Das zerbrach dort oben auf einem Haufen Holz, dass der Wolkenmann Ngoudenout in seinem Himmelswald angehäuft hatte. Der Aufprall war gewaltig. Das Eigelb breitet sich schnell aus und bedeckte den Stapel mit einer gelben Schicht, die das Holz entzündete und die Welt mit dem weichen und warmen Licht der Morgendämmerung erhellte. Alle Geschöpfe der Welt, die gewohnt waren im Halbdunkel zu leben, waren erstaunt und beeindruckt von der Helligkeit, die sie plötzlich blendete. Und sie bewunderten die Schönheit der nunmehr sichtbaren Welt, die sie vorher nur im Halbdunkel gesehen hatten.

Die Blumen wurden durch die Helligkeit derart überrascht, dass sie ihre schläfrigen Köpfe zum Himmel hoben, ihre Blumenblätter so weit öffneten, dass die glitzernden Tautropfen, die die Nacht ihnen gegeben hatte, auf den Boden fielen und verschwanden.

Die kleinen Vögel zwitscherten aufgeregt auf den Bäumen, und die Feen, die den Schnee auf den Gebirgsoberseiten bewachten, vergaßen ihre Aufgabe und erlaubten den Schnee zu tauen, um in die Flüsse und in die Nebenflüsse zu laufen. Und was war der Grund dieser Aufregung?

Weit zum Osten, hoch über den Bergen verwandelten sich das Grau der Nacht in purpurrote Schatten. Die weichen, rosafarbenen Wolken fluteten langsam über den Himmel, wie die Vögel mit der roten Brustfärbung, die auch über das weite Land schweben. Entlang dem dämmrigen Horizont kennzeichnete ein Weg des goldenen Feuers die Trennung von den grauen Schatten. Und unten im tiefen Tal überdeckte der weiße Nebel das verblassende Gesicht der Nacht.

Wie ein durch einen warmen Kuss geweckter Schläfer bewegten sich alle lebenden Dinge des Busches in der Liebkosung der Morgendämmerung. Die Sonne stieg mit goldener Pracht in einen freien blauen Himmel. So begann der erste Sonnentag auf der Erde. Anfangs brannte der hölzerne Stapel langsam, aber die Hitze nahm ständig zu, bis der brennende Stapel gegen Mittag voll in Flammen stand. Zunächst stufenweise wurde dann das Feuer kleiner und kleiner. Bis im Zwielicht des Abends nur noch ein Haufen der glühenden Glut blieb. Diese Glutasche ließ langsam wieder Kälte und Düsterheit auf der Erde zu. Die purpurroten Schatten und die weißen Nebel kamen aus ihren Verstecken und legten den Mantel der Nacht erneut über das Land.

Ngoudenout, einer der guten Geister im Himmel, der ebenfalls von der so herrlich ansehbaren Welt begeistert war, entschied sich deshalb, jeden Tag so ein Feuer zu entfachen. Mit Hilfe von anderen Geistern sammelte er jede Nacht Holz für das Feuer, um, wenn der Stapel groß genug war, ihn zu entzünden. Dies war am Ende der Nacht der Fall. In Kenntnis des letzten Erschreckens der Erdgeschöpfe bei der plötzlichen Helligkeit beschloss er, die Erde jedoch vor der dem Leuchten des Feuers zu warnen. Deshalb schickten die Geister als einen Boten den Morgenstern aus, damit er dies tat.

Mit der Zeit fanden die Geister jedoch, dass diese Art von Ankündigung nicht ausreichte. Besonders da die Geschöpfe auf der Erde ja alle zu dieser Zeit noch schliefen. Geräusche, schon in der Dämmerung, sollten deshalb durch den Lärm das Kommen des Lichtes ankündigen. Lange überlegten die Geister, wer diese Aufgabe übernehmen könnte, bis sie eines Abends das wie Gelächter klingende Schreien des Kookaburras (in der Aboriginal Sprache Goo-goor-gaga genannt) hörten. Dieses Gelächter war genau richtig. “Das ist ein Geräusch, wie wir es wünschen“ sagten die Geister. Und der Kookaburra erhielt den Auftrag, jeden Morgen vor Sonnenaufgang, wenn der Morgenstern verblasst, mit seinem Gelächter die Schlafenden zu wecken. Falls er dies nicht mehr tun würde, drohten die Geister damit, kein Sonnenfeuer mehr zu entzünden und die Welt im ewigen Dämmerzustand zu belassen. Aber der Kookaburra war und ist auch heute noch bereit, das Licht der Welt zu retten. Und so erhallt jeden Morgen das laute Geschrei des Eisvogels, den wir Deutschen „lachenden Hans“ nennen, durch die weiten Lüfte Australiens: Der Eisvogel mühte sich redlich den Auftrag zu erfüllen. Mit der Zeit aber versagte seine Stimme. Er wurde heiser. Und übrig blieb nur das Gackern "Goo goor gaga, goo goor gaga, goo goor gaga!"

Die Legende beschreibt, wie die Götter jeden Morgen das Feuer entfachen, wie das kleine Feuer zu einem lodernden Brand wird und sengende Hitze verbreitet, bis hin zum Abend, an dem nur noch die rote Glut übrig ist, die schnell erlischt und am nächsten Morgen beim Schrei des Kookaburras wieder von neuem entfacht wird.

Am Anfang des Tages ist das Feuer der Geister noch schwach, hat nicht viel Hitze. Aber schon gegen Mittag, wenn der vollständige Haufen des gesammelten Holzes in Flammen steht, wird die Hitze oft unerträglich. Bis das Feuer auf den Abend zu allmählich zur Glut wird und bis auf einige Funken verlischt. Diese Funken bedecken die Geister mit Wolken. Bis sie die Funken am nächsten Tag wieder zum Entfachen des neuen Feuers brauchen.

Kindern ist es nicht erlaubt, das Gelächter von Goo-goor-gaga nachzuahmen, aus Furcht, dass er den Spott der Kinder hört und mit seinem Morgenschrei aufhört.

Und Kinder, die es trotzdem tun, wächst zur Strafe ein Extrazahn über ihrem Augenzahn (Eckzahn im Oberkiefer), damit sie für immer ein Zeichen der Strafe ihres Spottes mit sich tragen. Denn dann würde das eintreten, vor dem die guten Geister immer warnten. Wenn die Goo-goor-gagas aufhören zu lachen, um die Sonne anzukündigen, würden Ngoudenout und seine Freunde kein Holz mehr sammeln. Keine Morgendämmerung würde mehr den Tag ankündigen. Finsternis würde erneut auf der Erde herrschen.

Brogla im Wappen von QueenslandUnd da schließt sich der Kreis der Legende wieder. Denn dieser Brogla, der das Ei in den Himmel geworfen hatte, dem so das Entstehen des Himmelsfeuers zu verdanken ist, der für die Ureinwohner der Geist des Tanzes ist, ziert nunmehr seit 1977 sogar das Wappen von Queensland.

Nachbetrachtung: Diese Geschichte gefiel mir so gut, dass ich deshalb drei eigentlich verschiedene Aboriginal Legenden in ihr vereint erzähle. Da wäre der Kampf zwischen Emu und Brolga, der mit dem Hochwerfen des letzten Emu Eies endet. Darauf folgt logisch die Entstehung des Himmelsfeuers und der Entschluss von Ngoudenout, diese Feuer zu unterhalten, und dann zum Schluss die „Vergatterung“ des Kookaburra, dessen englischer Spitzname (laughing jackass) vielen Deutschen, die ihn als „lachender Hans" kennen, neu sein dürfte.

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