Baiame und Marmoo

Baiame und Marmoo Lyrebird - Baiame und Marmoo

Es war nicht alles gut in dieser Welt der frühesten Traumzeit, die Baiame erschuf. Zwar zollten Hügel und Täler, kahle Gebirge, Kristallklare Bäche, die Flüsse und auch die Ebenen, die bis zu den Horizonten reichten, den geduldigen Händen des Schöpfers hohe Anerkennung. Blumen mit tausend Farben begrüßten den Schöpfer. Und Schmetterlinge flatterten über die zottigen Wipfel der Bäume, des Schilfs und über das Gras. Der Wind spielte mit den Wolken und verursachte so ein buntes wechselndes Farbmuster des Sonnenlichtes auf der Erde, wo sich die Lebewesen bewegten und sich ihre Nahrung suchten. Bei Tag lächelte die Göttin Yhi, damit die Pflanzen ihre Köpfe nach oben hoben und auch die die jungen Gräser sich von der dunklen Erde nach oben reckten. Bei Nacht segelte der Mondgott Bahloo über den verdunkelten Himmel.

Die Wünsche, die zu Gedanken geworden waren, und diese Gedanken, die der große Geist mit viel Freude und Vergnügen verwirklichte, die sein Herz erfreuten, wurden jedoch getrübt. Dunkle Wolken und heftige Blitze zerrissen die Ruhe des Himmels, der Wind blies kalt und frostig heftig in die Schluchten der Berge, wie eine Sense durch die Wildnis. Baiame wusste sehr wohl von diesen dunklen Gedanken, die von Marmoo, dem Geist des Übels, kamen. Er war die Antithese von allem, was gut war. Er kannte sie aus gutem Grund. Baiame wurde berichtet von einem Gespräch zwischen Marmoo und dessen Frau, die das Feuer der Eifersucht auf Baiame in ihrem Mann entfachte.

„Das ist Hochmut“ sagte einst Marmoo wütend im Dialog mit seinem Weib. „Baiame sitzt dort entfernt in der Himmelwelt und prahlt vor sich selbst über seine Intelligenz, weil er eine Welt voller lebender Dinge hergestellt hat. Die dazu noch ungeschliffen und primitiv sind. Keine besondere Leistung von ihm. Ich könnte solch eine Welt in der Hälfte der Zeit mit einem viel besseren Effekt herstellen.“
„Und warum hast du es nicht getan?“ fragte die Frau ziemlich spitz den Geist des Übels. Eigentlich war in diesem Moment und wohl auch sonst nicht viel Liebe zwischen den Beiden. „Wenn du so gescheit bist, warum bildest du nicht eine eigene Welt? Dann erst werde ich glauben, dass du genau so leistungsfähig bist wie Baiame.“

„Es ist einfach, etwas aus dem Nichts heraus zu errichten“ antwortete Marmoo. „Es ist jedoch ungleich schwieriger, etwas zu zerstören, was schon da ist. Das wird meine Aufgabe sein.“ Und den Blick seiner Frau wohl sehend, sagte er barsch „Warte nur! Ich fange ab diesem Moment damit an.“ Sagte es und ging weg ohne ein weiters Wort.

Ganz im Geheimen arbeitend schuf er einen Stamm von Insekten, böse und hinterhältig, wie auch er. Einige waren schön, hatten aber giftige Stachel. Und dann die Harmlosen, unfähig zum Gehen, Kriechen, Eingraben oder Fliegen. Es gibt einige, die sagen, dass es Yhi war, die das Leben zur Tier- und Insektkreation von Baiame holte. Doch es gibt auch andere, die glauben, dass, nachdem Marmoo seine bösen und schlechten Phantasien eingesetzt hatte, um Insekten herzustellen, er es war, der ihnen Leben einhauchte und sie aus der Höhle schickte. Dort hatte er sie vor dem Anblick von Baiame und Yhi versteckt. Bald verdunkelte sich der Himmel durch die Schwärme der Fliegen. Und auf dem Boden wimmelte es nur so von kriechenden und grabenden Maden, von Würmern und Käfern.

Das Gras wurde bis zu den Wurzelspitzen abgefressen. Blumen gingen ein und ihre Blütenblätter fielen so wie die Regentropfen auf die Erde. Die Früchte purzelten von den Bäumen und wurden von den hungrigen Horden aufgefressen. Die schöne Melodie der Ströme und der Wasserfälle wurde übertönt vom Summen der Flügel, vom Zischen der kämpfenden Insekten, vom Klicken der fressenden Unterkiefer. Eine Armee überflutete die Erde und hinterließ eine Spur der Verwüstung.

Erschrocken schaute Baiame auf die Erde und sah die ständig vorrückende Flut der Zerstörung. Und ihm war klar, dass sein Feind diese Methode gewählt hatte, um seine Autorität herauszufordern.
Überzeugt von seiner Macht und Energie schickte einen seiner Winde brüllend über das Land. Er hoffte, dass die Insekten in das Meer tröpfeln würden. Es war zu spät. Die Horden von Marmoo waren gut genährt und wohl vorbereitet auf alles, was Baiame tun würde. Einige gruben sich unter die Erde. Andere suchten Schutz in den Höhlen oder unter Steinen, während das fliegende Ungeziefer sich an den Borken der Bäume, die sie zerstört hatten, klammerte. Dort warteten sie geduldig auf das Nachlassen des Windes, das ja jeder Wind nach gewisser Zeit tun muß. Im März würden sie ihr Werk der Verwüstung wieder aufnehmen.

Es blieb Baiame nur noch eine Möglichkeit. Er kam zurück zur Erde, um die guten Geister, die er auf die Erde geschickt hatte, die die Menschen führen und leiten sollten, zu unterstützen. Eilends besuchte er Nungeena, den freundlichen weiblichen Geist, die bei einem Wasserfall in einem abgelegenen Tal lebte. Sogar hier mußte Baiame erschrocken feststellen, dass die angenehmen engen Täler trocken und kahl geworden waren. Jeder kleinste Rest der Pflanzen war weg gefressen. Tote Körpern der Insekten, die sich selbst in Ermangelung anderen Futters gegenseitig auffraßen, verstopften den Strom.

Die Armee ist weiter marschiert, aber der Geruch des Todes lag schwer im Tal.
„Komm mit mir“ sagte All-Vater zu Nungeena. „Du kannst sehen, was die Insekten aus deinem angenehmen Heim gemacht haben. Die üblen Fluten, die von Marmoo geschickt wurden, rollen an. Bald es gibt kein lebendes Geschöpf mehr und die Welt wird öd und trostlos sein.“

Nungeena rief nach ihren dienenden Geistern. Diese kamen von nah und fern auf ihr Gebot.
„Was habt ihr gesehen?“ fragte sie. Sie hörten eine traurige Geschichte von der Verwüstung, die die Brut des Marmoo anrichtete. Kein Teil des Landes blieb verschont. Als der Bericht beendet war hörte Nungeena, der Muttergeist, auf zu lächeln.

„Wir werden sie besiegen!“ sie sagte sie mit großer Zuversicht. „Schau doch Vater Baiame. Nicht alle Blumen sind untergegangen. Einige, die ich im Schutz des Falles wachsen ließ, sind noch in den Kaskaden über den Klippen. Keiner von Marmoos kleinem Volk traute sich, auch mir nah zu kommen. So war ich in der Lage, sie zu retten.“

Während sie sprach, knüpfte sie mit ihren Fingern geschickt aus den langen Stielen ein gefälliges Muster.
„Na also“ sagte sie schließlich mit einem Seufzer der Zufriedenheit. Und stellte die schöne Blumeanordnung sanft auf den Grund. Baiame schrie auf vor Entzücken. „Die schönsten aller Vögel“ sagte er und atmete Leben in einen Leierschwanz, der sein Gefieder aufblies und würdevoll vor ihm stolzierte. Dann verdüsterten sich die Augen des Geistes wieder. „Aber diese Vögel werden niemals das Problem des Schutzes der Welt lösen“ sagte er zurückhaltend.

„Aber gerade deswegen schaffe ich sie doch“ bemerkte Nungeena etwas verwundert. „Schau dich nur um!“ Und während sie sprach begann der Vogel unter den trockenen Blättern, den Zweigen und dem Abfall, der durch die Insekten entstanden war, zu kratzen und suchte nach irgendwelchen Insekten, die zurückgelassen wurden.
„Ich sehe es“ sagte Baiame. Und er dachte kurz nach. „Wir müssen mehr von ihnen, viel mehr bilden.“ Und mit der Geschicklichkeit eines Mannes, der schon so viele Wunder der Natur geschaffen hatte, formte er Vögel, die vollendet von seinen Händen flogen. Und diese machten sich schleunigst auf die Verfolgung der jetzt entfernten Armee der Insekten.

Nungeena folgte seinem Beispiel. Die dienstbaren Geister, die viel jünger waren, versuchten es nachzuahmen. Aber es mangelte ihnen an den Fähigkeiten des älteren Gottes und der Göttin. Doch ihnen gelang immerhin der Erschaffung von Metzgervögeln und Magpies. Die waren zwar nicht so anmutsvoll, aber als Insektenzerstörer gleichsam wirkungsvoll. Die Geister, die von den Feuchtgebieten gekommen waren, schufen Vögel, die schwimmen konnten und im Sumpf wateten. Die Geister der Küstenregionen bildeten Möwen, die absichtlich auf ihren Fisch- Appetit verzichteten, um sich jetzt mit Insekten zu sättigen. Die Nachtgeister, deren Aufgabe ist, die Blumen zu schließen, wenn das Tageslicht verblasst, schufen Eulen und Nachtschwalben. Es gab Vögel, die im schnellen Flug Insekten fingen, wie Pfauentauben, Schwalben und Fliegenschnäpper. Und der Ton der beißenden Schnäbel und der schlagenden Flügel übertönte das Summen der Insekten, während sie im Flug gefangen wurden.
„Sie sind alle so schön. Deshalb sollten auch ihre Stimmen zusammenpassen“ sagte Baiame und gab ihnen das Geschenk des Lieds. Aber ihre süße Musik wurde durch den rauen Schrei der Krähen und das laute Gelächter des Kookaburras übertönt.

Die wenigen Überlebenden der Armee von Marmoo waren in die Flucht geschlagen. Noch singend, kreisten die Vögel um Baiame und den Wächtergeistern herum. Dann flogen sie weg, auf der Suche nach anderen Räubern, die die Erde von ihrer Vegetation eventuell wieder entblößen könnten.

Nie wieder hatten die Vögel seitdem so viel Nahrung wie in dieser Zeit. Und sie hoffen wohl immer noch, dass Marmoo eines Tages ihnen ein erneutes reichliches Festmahl schicken wird.

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